Dienstag, 26. Februar 2013

Mittelmäßigkeit

Bin ich in einer Frage unsicher, zum Beispiel ob ich ruhigen Gewissens fünf Kilo Fleisch im Monat essen darf, ob es ausreicht fünf Stunden am Tag mit meinen Kindern zu verbringen oder ob mit fünf mal in zwei Wochen mein Sexleben erfüllt ist, so informiere ich mich beim Bundesamt für Statistik über die Bandbreite und die Verteilung der vorhandenen Meinungen und suche mir eine ungefähre Mitte. Die Mitte ist meist auch der richtige oder zumindest einfachere Weg, und wenn sie sich doch einmal als falsch erweisen sollte, kann niemand sagen, es wäre vorher schon klar gewesen. Nichtzuletzt halte ich es auch für meine Verantwortung nicht zu weit von der Mitte abzuweichen, schlimm genug, dass nur weil ich Fernsehen nicht mag, irgendjemand in Deutschland fünf Stunden am Tag vor der Kiste sitzen muss, damit wir den Durchschnitt halten.

Montag, 25. Februar 2013

Gemeinschaft



Wie finden sie sich,
die Millimeter zum Meter,
die Häuser zur Stadt,
die Tropfen zum Meer?




Dienstag, 19. Februar 2013

Geschlechter


Die Frage, ob Frauen von selbst, d.h. von Geburt und damit unabhängig von ihrer Sozialisation anders sind, d.h. wären wenn sie nicht sozialisiert wären oder anders sozialisiert wären als Männer aufgrund ihrer wiederum anderen Sozialisation es sind, d.h. die Frage, ob sich Frauen oder Männer auch genetisch unterscheiden, d.h. natürlich tun sie das, aber ob das Genom auch zu Unterschieden in ihrer Art führt, obwohl sie ja zur selben Art gehören, aber möglicherweise sind eben die finalen Unterschiede größer als die welche aufgrund der Gene zu erwarten wären, d.h. sie sind künstlich vergrößert, was bedeuten würde, die Sozialisation verschärft eine ohnehin vorhandene Kluft zwischen den Geschlechtern und trägt dadurch zum einen zu innerpartnerschaftlichen und zum anderen zu innerpersönlichen Konflikten bei, sozusagen einer Entfremdung vom eigenen genetischen Code, d.h. wäre die Sozialisation nicht, wären wir mehr wie wir selbst und damit näher an unser uns eigenen Frau- bzw. Männlichkeit, d.h. wir könnten die in uns angelegten mal mehr mal weniger geschlechtssozialisationstypischen Eigenschaften besser annehmen und wären damit möglicherweise zufriedener, jedenfalls diese Frage, ob wir nun so sein dürfen wie wir wirklich sind oder uns lieber sozialisieren lassen sollten, können wir uns leider immer erst stellen, wenn alle Folgen schon eingetroffen sind, d.h. jede Antwort, die wir auf diese Frage finden, ist bereits durch die mehr oder weniger vollzogene Sozialisation bestimmt.

Samstag, 16. Februar 2013

Einssein


Kratzen die Finger durch feuchte Dunkelheit
auf den Fugen entlang den Mörtel
zwischen den Steinen hervor
an der Grenze zu mir.

Schlägt Atem heftig gegen die kalte Wand,
die dem Druck meiner Hände nachgibt,
breche ich aus mir heraus
in die Leere zwischen euch ein.

Umspüle ich die Fassaden,
unterwandere die Fundamente,
dringe in eure Refugien,
mische mein trübes Wasser
mit eurem seltenen Wein.




Pathos

Irgendwie schade, dass wir gelernt haben, Leiden mit Humor zu tragen. Wer seine Gefühle aus sich herausfluten lässt ist pubertär, lächerlich oder hysterisch. Unser Theater ist Kabarett, unsere Musik cool und in unseren geschriebenen Worten löschen wir die Emotionen mit Ironie ab. Wer traut sich noch einen rasenden Wutausbruch, ein flammendes Liebesgeständnis oder eine abgründige Melancholie zu? Nein, wir sind reflektiert, berücksichtigen die Perspektive unseres Gegenübers, sind in Gelassenheit austrainiert. Statt Leiden empfinden wir Stress, das ist auf Zuviel zurückzuführen, zu viel Arbeit, zu viel Verantwortung, zu viel Gedanken, in denen wir heimlich unsere Gefühle in endlosen Schleifen kreisen lassen. Und nun? Schritt eins: Gefühle ernst nehmen; Schritt zwei: Gefühle empfinden; Schritt drei: Gefühle ausleben. Wir sehen uns in der Psychiatrie.

Freitag, 15. Februar 2013

Schnee


Und in diesem Schnee
verliere ich all meine Tränen,
löschen die tanzenden Flocken
den Schmerz,
ebnen die Fluten die Täler,
verwischen die Kanten,
oben wird unten, verblasst
die Erinnerung an die Nacht.
Versenke ich meine Farbengier
in diesem weißen Grab.

Donnerstag, 14. Februar 2013

Tagebuch um zu

Was bedeutet es zu bloggen, ein öffentliches Tagebuch zu führen? Eine Form des Exhibitionismus, des Größenwahns - andere Menschen mit den eigenen Gedankenblasen zu beschallen in der Annahme, diese könnten Interesse dafür aufbringen. Oder noch weiter: die individuellen Ideen könnten von Wenigen, Vielen aufgegriffen werden und Eingang finden in ihr Denken und Handeln. Daneben die egozentrische Perspektive: Bloggen als Meditation, als Analyse auf der Couch der Gesellschaft, die Gedanken fließen zu lassen ohne Zensur ist das möglich, wünschenswert?

Ich nehme es als Anlass zu schreiben, dem Bedürfnis Buchstaben aufeinander folgen zu lassen nachzugeben, die Angst vor dem Schwarz auf dem Weiß zu überwinden.

Anfang


Kaum erinnerter Nebel
gefärbt aus dem Jetzt.

Zurück auf null,
neu lernen das Atmen,
jeden Morgen das Aufstehen,
das Anschauen der Anderen.

Und wieder den Punkt verpassen,
an dem das Ende anfing.